Die Notwendigkeit für Bewertungen ergibt sich nicht nur fallweise beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen, sondern regelmäßig auch dann, wenn ein Unternehmen Beteiligungen bilanziert. Der Wertansatz dieser Beteiligungen unterliegt einer regelmäßigen Überprüfung. Ist einer Beteiligung am Abschlussstichtag ein niedrigerer Wert gegenüber dem bisherigen Bilanzansatz (z.B. den Anschaffungskosten) beizulegen, so ist eine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen, wenn diese Wertminderung voraussichtlich von Dauer ist (§ 253 III 5 HGB); fallen die Gründe für die Wertminderung weg, ist wieder eine Zuschreibung erforderlich (§ 253 V HGB). Dies gilt im Übrigen auch für Beteiligungen an Personengesellschaften; die in der Steuerbilanz übliche „spiegelbildliche Bilanzierung“ ist in der Handelsbilanz nicht zulässig.
Bewertet wird nach den allgemeinen Grundsätzen des IDW S 1 – also üblicherweise nach dem Ertragswert- oder dem DCF-Verfahren. Da die Bilanzierung in erster Linie eine Gläubigerschutzfunktion hat, können die Bewertungsannahmen nicht beliebig im Sinne einer subjektiven Sicht des Mutterunternehmens gesetzt werden und unterliegen darüber hinaus dem zeitlichen Stetigkeitsgebot. Zur Vermeidung von Willkür ist deswegen auch hier eine objektivierte Bewertung vorzunehmen, die jedoch durch subjektive Gegebenheiten der bilanzierenden Muttergesellschaft an einigen Stellen modifiziert wird:
- Synergien innerhalb des Konzerns können berücksichtigt und allein auf die Tochtergesellschaft (werterhöhend) zugerechnet werden, wenn sie bei der Tochtergesellschaft, bei der Muttergesellschaft oder Tochterunternehmen einer der beiden Gesellschaften realisiert werden können. Dagegen sind Synergien, die sich erst auf übergeordneten Stufen (z.B. bei der Muttergesellschaft der bilanzierenden Gesellschaft) auswirken, nicht zu berücksichtigen (IDW RS HFA 10, Tz. 6). Dies ist auch aus der Sicht des Gläubigerschutzes zu rechtfertigen. Die Gläubiger des bilanzierenden Unternehmens haben Zugriff auf nur dessen Vermögen. Für sie ist daher bedeutend, wie dieses Vermögen durch die Beteiligung tatsächlich beeinflusst wird.
- Besteht zwischen der bilanzierenden Gesellschaft und der Tochtergesellschaft ein Ergebnisabführungsvertrag, werden die Gewinnabführung – oder die Verlustübernahme – bei der Bewertung nicht berücksichtigt, da sich andernfalls immer ein Ergebnis von 0,00 € und damit kein Unternehmenswert ergeben würde. Zu berücksichtigen ist aber, dass durch die Ergebnisübernahme die Finanzierungsstruktur des Tochterunternehmens infolge der Mittelzuflüsse oder Mittelabflüsse geändert wird, was sich ggf. auf das Finanzergebnis und die Nettoverschuldung des Tochterunternehmens auswirkt (Deubert/Lewe BB 2023, S. 2603).
- Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen erfolgt die Bewertung auf der Grundlage der Nettozuflüsse bei der bilanzierenden Gesellschaft als Anteilseigner, also unter Berücksichtigung der Ertragsteuern auf der Ebene der Tochtergesellschaft und der diese Zuflüsse betreffenden Unternehmenssteuer der Muttergesellschaft. Besteht die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, fallen daher auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft GewSt und KSt an; der Zufluss bei der Muttergesellschaft ist dagegen weitgehend steuerfrei (§ 8 b KStG). Besteht die Beteiligung an einer Personengesellschaft, fällt auf der Ebene der Tochter lediglich die GewSt, dafür aber auf der Ebene der Beteiligungsgesellschaft deren KSt bzw. ggf. ESt. Die Berücksichtigung von Steuern auf höheren Ebenen ist dagegen nicht erforderlich; die Beteiligungsbewertung „stoppt“ auf der Ebene der bilanzierenden Gesellschaft.
- Bestehende Ergebnisabführungsverträge, ermitteln die abhängigen Gesellschaften ihre Ergebnisse weiterhin separat; diese Ergebnisse werden bei der Muttergesellschaft zusammengefasst und dort besteuert. Ergibt sich daher bei einer abhängigen Gesellschaft ein steuerlicher Verlust, ist das zusammengefasste steuerliche Ergebnis der Muttergesellschaft niedriger als bei einer „stand alone“-Betrachtung. Die steuerliche Ersparnis ist dann wie eine Synergie zu betrachten und entsprechend zu berücksichtigen (Deubert/Lewe, a.a.O.). Bestehen steuerliche Umlageverträge, ist deren Schlüssel heranzuziehen, ansonsten erfolgt die Zuteilung nach geeigneten Maßstäben; auch eine alleinige Zuordnung bei der Tochtergesellschaft ist möglich.
- Der Kapitalisierungszins ist nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln wie bei einer allgemeinen Unternehmensbewertung (IDW RS HFA 10 Tz. 9). Das Mutterunternehmen steht dann in der Rolle des „Investors“, so dass für die Kapitalisierung auf die Risikostruktur des Tochterunternehmens abzustellen ist. Bei Anwendung des CAPM ist dann für die Ermittlung des Betawertes auf den Wert der Tochtergesellschaft abzustellen; auf den für die Muttergesellschaft ermittelten Wert kommt es nicht an. Auch der Ansatz gruppeninterner Zinssätze, wie sie z. B. für RoI- Kalküle verwendet werden, scheidet zur Vermeidung willkürlicher subjektiver Bewertungen aus. Dies gilt auch für den Fall bestehender Ergebnisabführungsverträge. Zwar bewirkt die Existenz eines solchen Vertrages – sofern von seinem Fortbestand auszugehen ist – eine Minderung des Risikos bei der Tochtergesellschaft insofern, als dort etwa entstehende Verluste durch die Mutter ausgeglichen werden. Jedoch bewirkt dies lediglich eine „Risikotransfer“ von der Tochter auf die Mutter, dem dann spiegelbildlich bei der Muttergesellschaft durch Bildung von Rückstellungen Rechnung getragen werden müsste. Dies ist jedoch in der Praxis regelmäßig nicht der Fall.
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