Autor:

Wolf Achim Toennes Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt

Diplom-Kaufmann

Wolf Achim Tönnes

Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt, Of Counsel

Tel.: +49 (0) 251/2808-226

E-Mail schreiben

Vita

Wolf Achim Tönnes

Branchenanalyse Betrieb von Verpflegungseinrichtungen

24. Juli 2024

1. Einleitung und Überblick

Die Branche umfasst das Erbringen von vertraglich vereinbarten Verpflegungsdienstleistungen und für Unternehmen, Bildungseinrichtungen, den Gesundheitssektor und andere Einrichtungen (Catering). In der Regel werden langfristige (Rahmen-) Verträge über Art und Umfang der zu erbringenden Leistung mit dem Träger der jeweiligen Einrichtung geschlossen. Dieser vermittelt dann seinen Mitarbeitern und/oder den Nutzern der Einrichtung die Verpflegungsleistung. Die Gäste als Empfänger der Verpflegung erwerben diese entweder direkt bei dem Verpflegungsdienstleister oder bei dem Träger der jeweiligen Einrichtung.

Mit der Leistung einher geht häufig auch der Betrieb der Kantine, in der die Gäste verpflegt werden, wobei auch eigenes Personal gestellt werden kann. In diesen Kantinen werden dann auch Getränke und Snacks als Zusatzleistung angeboten. Möglich ist aber auch die alleinige Lieferung der Verpflegung, deren Verteilung dann der Träger der Einrichtung übernimmt. Auch die Bestell- und Abrechnungsmodalitäten mit den Gästen wird häufig von dem Caterer erbracht.

Quelle: IBISWorld 2024

Die Unternehmen der Branche betreiben Mensen, Kantinen und ähnliche Verpflegungseinrichtungen in Unternehmen, Krankenhäusern, Seniorenheimen, Bildungseinrichtungen, Sportanlagen und kulturellen Einrichtungen.

Quelle: IBIS World 2024

Konkurrenz zu branchenfremden Akteuren besteht zum einen gegenüber den Kunden selbst, die als Träger der Einrichtung die Verpflegungsleistungen in eigener Regie und mit eigenen Mitarbeitern erbringen. Zum anderen besteht die Konkurrenz aus klassischen Restaurants, die oftmals günstige Mittagsmenüs anbieten und längere Öffnungszeiten haben.

2. Geschäftsumfeld

Der Markt für Catering-Dienstleistungen hat ein Volumen von rund 10,7 Mrd. €, das sich auf rd. 11.000 Anbieter (Stand 2022) verteilt. Er ist daher auf der Anbieterseite stark zersplittert. Einigen Großunternehmen mit Umsätzen von jeweils mehr als 200 Mio € steht eine Vielzahl kleiner und kleinster Anbieter gegenüber, die insgesamt rund von 85 % des Marktes ausmachen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen beschäftigt weniger als 10 Mitarbeiter. Die Eintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer werden demzufolge als gering eingeschätzt.

Die einschneidende Zäsur für das Geschäft stellte die Corona-Krise in den Jahren 2020 – 2022 dar, wo die meisten Kantinen und Mensen zur zeitweiligen Schließung gezwungen waren, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Ab 2023 hat sich der Markt wieder stabilisiert. Dabei konnten sich die die auf Schul- und Kindergartenverpflegung spezialisierten Anbieter schneller erholen, da mit der Wiedereröffnung der Schulen auch sofort die Nachfrage wieder in alter Höhe vorhanden war, während auf der anderen Seite die Anbieter von Betriebsverpflegung unter dem einsetzenden und fortbestehenden Trend zum Home-Office litten und leiden. Ein nachhaltig positives Wachstum folgt aus der zunehmenden Nachfrage nach Verpflegungsleistungen durch Krankenhäuser und Seniorenheime (sofern diese die Verpflegung nicht in eigener Regie erbringen). Auch der Ausbau des Bildungssektors (z.B. Ganztagsschulen) wirkt sich und positiv auf das Geschäft aus.

Regional befinden sich die meisten Betriebe in Nordrhein-Westfalen und dort überwiegend in den Großstädten, wo die Nachfrage nach Verpflegungsdienstleistungen besonders groß ist. Diese räumlich enge Verknüpfung zwischen den Anbietern und Nachfrage an der Leistung zeigt die Bedeutung der Lieferwege und die Präferenz zur Versorgung „aus der Region“. Umgekehrt bedeutet dies für Anbieter in ländlichen Regionen verstärkte Risiken infolge geringerer Auslastung bei gleichbleibenden Personal- und Sachkosten – dort ist aber auch der Konkurrenzdruck geringer.

Um im Ausschreibungsverfahren wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Unternehmen ihre Dienstleistungen zu möglichst niedrigen Preisen anbieten. Allerdings spielen bei der Vergabe – gerade im Bereich der Schul- und Kindergartenverpflegung – auch die Qualität des Essens und Serviceleistungen eine entscheidende Rolle. Obwohl am Ende die Eltern der Kinder die Verpflegungsleistung bezahlen, spielen die Schulen und Kindergärten bei der Auswahl des infrage kommenden Dienstleisters die Hauptrolle, so dass auch ihnen gegenüber die Qualität der Leistung ein wichtiges Auswahlkriterium ist (z.B. durch weitgehende Übernahme der Bestell- und Abrechnungsmodalitäten, Stellung von Personal für den Kantinenbetrieb, Absprache der Speisepläne mit den Schulen/Kindergärten).

3. Zukünftige Entwicklung

Die Betriebsverpflegung ist – allerdings nur in geringem Maße – konjunkturanfällig. Seit 2019 sinkt die Bereitschaft der Unternehmen, die Verpflegung ihres Personals zu bezuschussen. Das Gleiche gilt für die Betreiber öffentlicher Einrichtungen, wo die Mittel für den Kantinenbetrieb ebenfalls gekürzt werden. Dies wird teilweise dadurch kompensiert, dass die Gäste auch ohne Zuschüsse bereit sind mehr Geld für bessere Produkte auszugeben. Bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wird der positive Trend und teilweise dadurch konterkariert, dass infolge der Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor einzelner Einrichtungen schließen mussten und damit das Auftragsvolumen zurückging.

Die demographische Entwicklung in Deutschland begrenzt die Anzahl potentieller Kunden. Sowohl die Zahl der Erwerbstätigen wie auch die Nachfrage durch Krankenhäuser -den beiden wichtigsten Kundengruppen – wird in den kommenden Jahren nicht wesentlich ansteigen.

Quelle: IBISWorld 2024

Der Trend zu gesunden, variationsreichen und fleischlosen Gerichten begünstigt Anbieter, die sich entsprechend ausrichten. Tendenziell fördert dies Unternehmen, die regional tätig sind und ihre Produkte regional und saisonal beziehen (Stichwort: „Lieferwege“). Dies zwingt die großen Anbieter, sich durch lokale Niederlassungen/Betriebsstätten oder Franchise-Systeme entsprechend anzupassen. Gleichzeitig steigen durch den regionalen Bezug die Materialkosten, die aber ggf. bei hochwertigen Produkten durch Erhöhung der Preise für die Mahlzeiten weitergegeben werden können.

Diese Entwicklung begünstigt besonders die Anbieter von Schul- und Kindergartenverpflegung, da Eltern eher Wert auf eine “gesunde Ernährung” ihrer Kinder legen. Andererseits wird durch diese Spezialisierung der potentielle “Kundenkreis” eingeengt: während allgemein eine alternde Bevölkerung Chancen zur Umsatzsteigerung im Verpflegungsbereich bietet, ist es bei diesen Anbietern wegen des Rückgangs der Anzahl Kinder eher umgekehrt.

Als Konsequenz der Tendenz zu flexiblen Arbeits- und Pausenzeiten nutzen die Anbieter von Verpflegungsleistungen die Möglichkeit, ihre Einrichtungen auch außerhalb der Mittagszeiten offen zu halten und ihre Leistungen anzubieten. Dazu verfügen viele Einrichtungen über einen Café-Bereich, der auch außerhalb der Mittagszeit geöffnet ist und der Versorgung der Gäste dient.

Eine weitere Möglichkeit der Geschäftsausweitung ergibt sich aus dem Angebot zusätzlicher Dienstleistungen. Nah am Kerngeschäft ist dabei der Betrieb von Verpflegungsautomaten oder der Betrieb kleiner Shops und Kioske, für den auch das Personal eingesetzt wird, dass “ohnehin” für die im Mittagsverpflegung zur Verfügung steht. Weitergehend ist die Nutzung der Beziehung zu den Trägern der Einrichtung für das Angebot zusätzlicher Dienstleistungen, wie Reinigung oder Hausmeister-Dienstleistungen bis hin zum umfassenden Facility-Management.

Insgesamt wird für die Branche ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 2,8 % p.a. in den kommenden 5 Jahren erwartet. Aufgrund der Marktsättigung dürfte die Anzahl der Branchenakteure dabei tendenziell sinken, d.h. der Trend zu größeren Anbietern nimmt zu.

4. Konsequenz für die Unternehmensbewertung

Für die Bewertung von Catering-Unternehmen ergeben sich hieraus folgende Konsequenzen:

  • Der Markt für Verpflegungsdienstleistungen ist wettbewerbsintensiv. Zum einen sind die finanziellen Eintrittshürden verhältnismäßig niedrig. Zum anderen macht die Vergabe von Aufträgen in Ausschreibungsverfahren einen Anbieterwechsel verhältnismäßig einfach. Hinzu kommt die Konkurrenz durch die Träger der Einrichtungen selbst, die die Verpflegungsleistung in eigene Regie übernehmen können, und durch „klassische“ Restaurants. Der in der Vergangenheit festgestellten Kundenbindung (Gesamtlaufzeit und Restlaufzeit der Verträge mit den Trägern der Einrichtungen, Vertragsverlängerungen) kommt deswegen eine hohe Bedeutung zu.
  • Wichtig ist deswegen eine Differenzierung gegenüber den anderen Marktteilnehmern durch die Qualität und die Vielfalt des angebotenen Essens – ggf. unterstützt durch eine Zertifizierung. Zwar haben die Gäste keinen unmittelbaren Einfluss auf die Wahl des Caterers, jedoch dürfte den Trägern der Einrichtung ein Wechsel des Caterers umso schwerer fallen, je höher die Kundenzufriedenheit ist. Es kommt hinzu, dass durch die Vernetzung mit den Kunden (Bestell- und Abwicklungsservice) der Anbieterwechsel erschwert wird, da in einem solchen Fall die Vernetzung mit allen Kunden neu aufgebaut werden muss und die Kunden sich ggf. an neue Abwicklungsmodalitäten gewöhnen müssen. Hinzu kommt die Erfüllung spezieller Anforderungen an die Verpflegung und die Einhaltung von Hygienestandards wie z.B. bei der Versorgung von Krankenhäusern und Seniorenheimen.
  • Die steigenden Anforderungen der Gäste an die Qualität des Essens begünstigt Unternehmen, die in räumlicher Nähe zu ihren Kunden tätig sind und die Möglichkeit haben, diese täglich frisch zu beliefern. Andererseits befinden sich in einem solchen “Nahbereich” auch nur eine begrenzte Anzahl potentieller Kunden, sodass die bereits erreichte Marktdurchdringung künftiges qualitatives Wachstum erschweren kann. Dies erfordert eine Analyse der für das Unternehmen “erreichbaren” potentiellen Kunden.
  • Die mit den Trägern abgeschlossenen Verträge beinhalten regelmäßig auch Preisfestsetzungen für die abgegebenen Mahlzeiten. Im Hinblick auf die in den vergangenen Jahren stetig gestiegenen Material- und Personalkosten ist daher zu untersuchen, ob und ggf. in welchem zeitlichen Abstand Kostensteigerungen im Preis der Verpflegung weitergegeben werden können und ob und in welchem Umfang in diesem Falle Nachfragerückgänge zu erwarten sind.

Bei der Diskontierung der künftig zu erwartenden Erträge, die den Wert des Unternehmens ergeben, spielen die erwarteten Kapitalmarktrenditen eine Rolle. Diese setzt sich zusammen aus dem risikofreien Basiszins und einem Risikozuschlag, der branchen- und unternehmensspezifisch modifiziert werden muss.

Aktuell (Juli 2024) ist indikativ von folgenden Werten auszugehen:

  • Basiszins: 2,50 %
  • Markt-Risikozuschlag (mittlerer Wert): 7,00 %
  • Branchenspezifischer Risikozuschlag (= Markt-Risikozuschlag x Betafaktor):
    7,00 % x 0,50 bis 0,75 = 3,50 % bis 5,25 %

 

Autor: Wolf Achim Tönnes – HLB Schumacher. Juli 2024

Beitrag als PDF

Autor:

Wolf Achim Toennes Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt

Diplom-Kaufmann

Wolf Achim Tönnes

Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwalt, Of Counsel

Tel.: +49 (0) 251/2808-226

E-Mail schreiben

Vita

Das könnte Sie auch interessieren: